Festkörpersintern ist ein Wärmebehandlungsverfahren, bei dem loses Pulver in feste, zusammenhängende Komponenten umgewandelt wird. Der Prozess wird bei erhöhten Temperaturen durchgeführt, typischerweise zwischen 70 % und 90 % des Schmelzpunkts des Materials. Durch die Erwärmung bilden sich chemische Bindungen zwischen den Partikeln im festen Zustand. Mit fortschreitender Bindung bilden sich Verbindungshälse zwischen den Partikeln, die Porosität nimmt ab und die Gesamtdichte des Materials nimmt zu.

Inhalte
Wie funktioniert Festkörpersintern?
Halsbildung und anfängliche Bindung
Zu Beginn des Sinterns berühren sich die Pulverpartikel, und an ihren Kontaktpunkten bilden sich Hälse. Diese Halsbildung erfolgt durch atomaren Transport und Oberflächendiffusion. In diesem Stadium steigt die Koordinationszahl der Partikel, und das Halswachstum setzt sich fort, bis eine relative Dichte von 75 % erreicht ist. Dieses Stadium legt den Grundstein für die Verdichtung durch Maximierung des Partikelkontakts.
Diffusionsgesteuerte Korninteraktion
In der zweiten Phase wird die Verdichtung durch einen Materialtransportmechanismus fortgesetzt, der sein könnte:
- Gitterdiffusion
- Korngrenzendiffusion
In diesem Stadium werden die miteinander verbundenen Kanäle durch Poren entlang der Korngrenzen und um den Halsbereich gebildet. Diese Kanäle schrumpfen, wodurch die relative Dichte auf etwa 93 % zunimmt. Die Korngrenzenenergie spielt hier eine wichtige Rolle, da sie das Kornwachstum antreibt, da das System versucht, die gesamte Grenzflächenenergie zu minimieren. Am Ende dieses Stadiums entwickelt sich die Mikrostruktur zu einem Netzwerk polyedrischer Körner mit Poren, die sich hauptsächlich an Dreikornkanten befinden.
Verdichtung und Porenbeseitigung
Im dritten Stadium beginnen die verbleibenden Poren zu schrumpfen und in winzige, isolierte Taschen aufzubrechen. Bei fortschreitender Erhitzung entwickelt sich das Korn weiter, wodurch die Poren minimiert werden und ein hochdichtes Bauteil entsteht. Sind keine Gase zwischen den Partikeln eingeschlossen, kann das Material nahezu seine volle Dichte erreichen. Am Ende dieses Stadiums weisen die erhaltenen Bauteile bemerkenswerte mechanische Eigenschaften auf und sind fest, hochdicht und nahezu endkonturiert.

Anwendungen des Festkörpersinterns
Pulvermetallkomponenten
Das Festkörpersintern findet Anwendung in der Herstellung von Pulvermetallkomponenten die eine hohe Dichte und Festigkeit erfordern. Zu diesen Komponenten gehören Lager, Zahnräder, hochfeste Strukturteile und mehr. Das Verfahren ermöglicht komplexe Geometrien mit guter Verschleißfestigkeit und Maßgenauigkeit.

Keramik
Das Festkörpersintern spielt eine entscheidende Rolle bei der Herstellung dichter und leistungsstarker Komponenten aus Keramik ohne Flüssigphase. Zwei Hauptkategorien hochentwickelter Keramikprodukte können durch Festkörpersintern hergestellt werden:
- Elektromagnetische Keramik: Dazu gehören Anwendungen in elektrischen, magnetischen und optischen Bereichen, wie beispielsweise Kondensatoren, Isolatoren und Lasermaterialien.
- Strukturkeramik: Für thermomechanische Anwendungen wie Schneidwerkzeuge, biomedizinische Implantate und Motorkomponenten.
Das Verfahren gewährleistet eine verbesserte Festigkeit, Wärmebeständigkeit und Zuverlässigkeit in beiden Kategorien.
Feuerfeste Materialien
Durch Festkörpersintern lassen sich auch verschiedene feuerfeste Werkstoffkomponenten herstellen, die extremer Hitze und mechanischer Belastung standhalten. Zu den feuerfesten Werkstoffen, die durch Festkörpersintern verarbeitet werden, gehören Wolfram (W), Molybdän (Mo), Tantal (Ta), Niob (Nb), Zirkonoxid (ZrO₂) und Aluminiumoxid (Al₂O₃). Die mit diesem Verfahren hergestellten feuerfesten Komponenten finden breite Anwendung in Turbinenteilen, Tiegeln, Heizelementen und Strahlungsschilden in der Luft- und Raumfahrt.
Vorteile des Festkörpersinterns
Wahrung der materiellen Integrität
Beim Festkörpersintern bleibt die chemische und strukturelle Integrität des Materials erhalten, da das Pulvermaterial ohne Schmelzen, typischerweise in einer inerten Atmosphäre, verfestigt wird. Dieser Ansatz verhindert drastische Temperaturgradienten, Phasenänderungen, Oxidation, Kontamination und Verformungen. Dadurch bleibt die Maßgenauigkeit erhalten und das Material wird vor strukturellen Schäden geschützt.
Verbesserte mechanische Eigenschaften
Das Festkörpersintern verbessert die Integrität, Festigkeit und Haltbarkeit des Materials, da es durch die Bildung von Sinterhälsen zwischen den Partikeln eine höhere Dichte bewirkt. Dieses Festkörpersintern reduziert nicht nur Oberflächenoxide und entfernt Schmiermittelrückstände, sondern erzeugt auch eine dichtere und gleichmäßigere Mikrostruktur.
Kontrollierte Mikrostruktur
Ein weiterer wichtiger Vorteil des Festkörpersinterns ist die Möglichkeit, eine fein kontrollierte Mikrostruktur zu erzeugen. Durch die sorgfältige Anpassung von Faktoren wie Partikelgröße, Sintertemperatur und Haltezeit können Hersteller eine dichte Struktur mit gleichmäßig verteilten Körnern erzielen.
So haben beispielsweise Untersuchungen an oxiddispersionsverstärkten (ODS) Wolframlegierungen gezeigt, dass durch die Kontrolle der Mikrostruktur ein übermäßiges Kornwachstum verhindert wird und gleichzeitig die hohe Dichte erhalten bleibt.
Darüber hinaus verbessert eine gut regulierte Mikrostruktur auch die Bruchfestigkeit und die allgemeine Haltbarkeit, wodurch gesinterte Komponenten ideal für kritische Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt, der Verteidigung und der Spitzentechnik geeignet sind.
Kostenvorteile
Geringerer Energieverbrauch
Nicht zuletzt ist das Festkörpersintern ein kosteneffizienter Prozess, da es durch den Betrieb unterhalb der Schmelztemperatur des Materials deutlich weniger Energie benötigt.
Minimaler Materialverlust und Nachbearbeitung
Darüber hinaus entsteht bei diesem Verfahren nur minimaler Materialabfall und in der Regel ist weniger umfangreicher Nachbearbeitungsvorgang erforderlich, wodurch die Gesamtherstellungskosten sinken.
Einschränkungen des Festkörpersinterns
Lange Sinterzeit
Das Festkörpersintern erfordert häufig längere Verarbeitungszeiten, insbesondere bei Materialien mit hohen Schmelzpunkten oder geringer atomarer Diffusionsfähigkeit. Dies liegt an der langsamen Atommigrationsrate, die für die Partikelbindung und -verdichtung erforderlich ist.
Unvollständige Verdichtung
Da Festkörpersintern nicht in Gegenwart von Flüssigkeiten erfolgt, ist es schwierig, eine vollständige Verdichtung des Materials zu erreichen. Dies beeinträchtigt die mechanische Integrität und Leistung des gesinterten Materials. Beim Sintern von SiC-Keramik beispielsweise werden beim Festkörpersintern hauptsächlich Bor-Kohlenstoff-basierte Additive verwendet, um die Verdichtung zu erleichtern. Gleichzeitig kann eine vollständige Verdichtung ausschließlich durch Festkörpermechanismen zu Restporosität und verminderten mechanischen Eigenschaften führen.
Hochtemperaturbereich
Um die atomare Diffusion zu ermöglichen, erfordert das Festkörpersintern hohe Temperaturen. Dies kann zu Problemen wie Kornwachstum oder Verformung führen. Diese thermischen Effekte können Defekte verursachen und die Gesamtleistung des Sinterteils beeinträchtigen.
Festkörpersintern vs. Flüssigphasensintern
Die folgende Tabelle vergleicht Festkörpersintern und Flüssigphasensintern.
| Attribut | Festkörpersintern | Flüssigsintern |
|---|---|---|
| Definition | Die Verdichtung erfolgt vollständig in der festen Phase unterhalb des Schmelzpunkts. | Beim Sintern bildet sich eine flüssige Phase, die die Verdichtung fördert. |
| Temperaturen | 0.7–0.9 Tm (kein Schmelzen). | 0.8–0.98 Tm (partielles Schmelzen). |
| Mechanismus | Atomdiffusion – Oberflächen-, Korngrenzen- und Volumendiffusion. | Flüssigkeit benetzt Feststoffe und ermöglicht so eine Umlagerung und Lösungsfällung. |
| Driving Force | Reduzierung der Oberflächenenergie von Festkörpern. | Kapillarkräfte und Flüssigkeitsbenetzung. |
| Verdichtungsrate | Langsam; durch Diffusion gesteuert. | Schnell; unterstützt durch Flüssigkeitsfluss. |
| Mikrostruktur | Feine, gleichmäßige Körnung; hohe Dimensionsstabilität. | Gröbere Körner; mögliche Entmischung oder Verzerrung. |
| Materialien | Fe, Cu, W, Mo, Edelstahl, Al₂O₃, Si₃N₄. | WC–Co, Cu–Sn, Cermets, infiltrierte Bronzen. |
| Vorteile | Stabile Form, saubere Mikrostruktur, starke Bindung. | Hohe Dichte, niedrigere Temperatur, gute Phasenbindung. |
| Einschränkungen | Unvollständige Verdichtung möglich. | Gefahr von Verformungen oder ungleichmäßiger Flüssigkeitsverteilung. |
| Anwendungen | Strukturelle PM-Teile, Zahnräder, Buchsen, Filter. | Hartmetalle, Schneidwerkzeuge, Bronzelager. |